Tschüss Winter, willkommen Frühling! Wie fast jedes Jahr werde ich im Frühjahr von einer enormen Rastlosigkeit erfasst: Ich will raus, mich bewegen, in der Natur sein. Das schwedisch Fjäll ruft – jedoch zu früh! Im Mai liegt noch zu viel Schnee, und es wird noch Wochen dauern, bis an „normales Wandern“ dort zu denken ist. Eine Alternative muss her!

Diese ist schnell gefunden: Schon vor einiger Zeit bin ich auf den Solanderleden gestoßen: Nur etwa zwei Stunden Fahrt von zu Hause entfernt, wildes Zelten gut möglich, gut markiert – das muss ich ausprobieren! Die Strecke zwischen Luleå und Pietå kenne ich sonst nur vom Auto und der Fahrt auf der E4 – doch wie sieht die Region denn abseits von der Autobahn aus? In diesem Frühjahr wollte ich es herausfinden!

Solanderleden: Zahlen und Fakten

Solanderleden – was? Und wo führt der überhaupt lang? Sogar viele Einheimische haben noch nie von diesem Weg gehört. Kein Wunder: Erst im August 2018 offiziell eröffnet, gehört er nicht zu den etablierten und bekannten Wanderwegen wie der Kungsleden, den ja irgendwie jeder kennt. Zeit, etwas Aufklärung zu betreiben!

Wegführung: Der Solanderleden führt vom Flughafen Luleå Kallax im Norden bis nach Jävre im Süden, südlich von Piteå. Er kann in beide Richtungen begangen werden und schlängelt sich durch eine waldreiche Landschaft, einige Naturreservate und kleine Ortschaften.

Distanz: Der Weg umfasst etwa 220 Kilometer, wobei er sich an einigen Stellen teilt. Wer den gesamten Weg läuft, wird deshalb vermutlich etwas kürzer unterwegs sein, es sei denn, bestimmte Abschnitt werden doppelt erwandert.

Teilstrecken: Der Solanderleden unterteilt sich in farbig gekennzeichnete Teilstrecken, die zwischen 12 und 43 Kilometern lang sind. Als Untergliederung in Tagesabschnitte eignen sich diese Teilstrecken aufgrund dieser Unterschiede in der Distanz eher nicht.

Schwierigkeit: Der Weg ist überwiegend leicht zu gehen und kommt ohne große Höhenunterschiede aus. Auf ein paar sumpfige oder steinige Abschnitte darf sich der Wanderer gefasst machen, ein Großteil der Strecke verläuft jedoch über einfache Waldwege oder Forststraßen.

Markierung: Der Solanderleden ist durchgängig gut markiert, wobei immer zwei Farbcodes verwendet werden: Rot für den Solanderleden allgemein, als zweite Markierung die Farbe der jeweiligen Teilstrecke. Die Website bietet PDF-Karten und GPS-Dateien zum Download an. Beides fand ich hilfreich. Da an einigen wenigen Punkten die Markierungspfosten beschädigt oder verschwunden sind, ist eine App zur Kontrolle der GPS-Position praktisch.

Unterkünfte und Verpflegung: Wer ohne Zelt unterwegs ist, muss seine Wanderung genau planen. Selbst wenn die Region an der Küste Norrbotten stärker besiedelt ist als das Inland, gibt es wenig touristische Infrastruktur. Auch das Thema Proviant und Wasserversorgung löst sich nicht an jeder Straßenecke. Wer Wandertouren im Fäll gewöhnt ist, kennt sich aus – wer bisher nur in dichter besiedelten Regionen gewandert ist, sollte etwas Hirnschmalz in die Packliste investieren.

Zelten: In Schweden gilt das Allemannsrätten (Jedermannrecht) – so auch auf dem Solanderleden. Das heißt konkret: Grundsätzlich ist Zelten überall gestattet, ohne den Grundstücksbesitzer fragen zu müssen. Was selbstverständlich sein sollte: Nicht in der direkten Nähe von Häusern, keinen Müll hinterlassen, nichts beschädigen. Ausnahmen gelten teilweise in geschützten Gebieten, wie z.B. dem Naturreservat Lustgården, in dem Zelten nur auf gekennzeichneten Plätzen erlaubt ist.

Solanderleden: Meine Wanderung

Vier Tage war ich auf dem Solanderleden unterwegs und habe einen großen Teil der Teilstrecken abgewandert. Etwa 135 Kilometer habe ich während dieser Tage geschafft. Ich habe mich auf meiner Wanderung auf das Wandern an sich beschränkt: Keine Abstecher, keine Aussichtspunkte, keine ländlichen Museen. Ich wollte gern gehen, Natur genießen, draußen schlafen.

Tag 1: Auf der roten Teilstrecke bis kurz vor Blåsmark

Auf geht es! Bepackt mit Proviant, Zelt, Schlafsack, Wasser und sonstigen Kleinigkeiten mache ich mich auf den Weg! Die ersten zwei Kilometer führt der Weg wenig charmant direkt an der E4 entlang, bis er schließlich auf den herrlich wildromantischen Arkeologstigen abbiegt – prähistorische Steingräber und Aussichten auf die Ostsee inklusive.

Ich bekomme einen Vorgeschmack auf die restliche Wanderung: Breite Forststraßen wechseln sich ab mit schmalen Pfaden durch lichte Wälder, ab und zu geht es durch eine kleine Ortschaft. Ich bin komplett allein, was sich bis auf wenige Ausnahmen während der kommenden Tage nicht ändern wird. Außer innerhalb von Orten begegnen mir gerade einmal ein paar Hundebesitzer mit ihren Vierbeinern. So mag ich das!

Der Weg ist extrem gut markiert, Wasser finde ich in kleinen Bächen und bis auf die drückende Wärme bin ich guter Dinge. Ich finde einen hübschen Zeltplatz und schlafe endlich einmal wieder begleitet von Vogelgezwitscher in der Natur ein.

Der südliche Startpunkt bei Jävre
Der erste Wegweiser der roten Teilstrecke
Arkeologstigen
Arkeologstigen
Vom Fågeltornet (Vogelbeobachtungsturm) am Hemträsket
Entlang an Sumpfgebieten
Einsamer Zeltplatz im Wald

Tag 2: Über die grüne bis zur gelben Teilstrecke bis hinter Sjulnäs

Der zweite Tag! Erwartungsgemäß melden sich die ersten Blasen, die Sonne brennt unglaublich. Wo wandere ich eigentlich? In Spanien oder in Nordschweden? In den letzten Tagen war immer wieder von Wald- und Grasbränden die Rede – kein Wunder! Noch gibt es wenig Laub und frisches Grün, das alte Gras vom Vorjahr entzündet sich leicht.

Ich durchwandere die Wälder rund um Svensby, einen kleinen Aussichtsberg gibt es auch. Insgesamt geht es etwas mehr auf und ab als gestern, was ich schön und abwechslungsreich finde.

Auf der grünen Teilstrecke
Mein Wasserverbrauch war höher als geplant
Svensbyliden
Warm, heiß, brennende Sonne

Tag 3: Auf der blauen Teilstrecke dem Pite Älv folgend

Ich wache auf und bin beinahe froh: keine Sonne! Es ist trüb, grau, feucht – und damit viel angenehmer als an den Tagen zuvor. Der Nachteil: Es gibt weniger Fotos und mehr nasse Füße. Besonders der erste Teil der Strecke ist jedoch sehr hübsch: Ein herrlicher Wanderpfad führt direkt am Pite Älv entlang. Mich beschleicht das herrliche Gefühl, weit weg von allem zu sein.

Tag 4: Auf der orangenen Teilstrecke durch Naturreservate

Der vielleicht schönste Wandertag für mich! Wieder einmal bestätigt sich: Naturreservate wurden nicht ohne Grund angelegt. Das Lustgården-Naturreservat ist für mich einer der Höhepunkte der Wanderung: Wunderbar alter Baumbestand, lichte Wälder, schöne Wanderpfade. Auch Rosfors Bruk als zweites Naturreservat mochte ich, wie auch den Abschluss der Etappe im Anschluss daran.

Vielleicht macht es auch deshalb heute so viel Spaß, weil dies mein letzter Wandertag ist. Bis auf einen kleinen Abschnitt morgen zum Abholpunkt liegt der Großteil meiner Wanderung hinter mir – und ich will jeden Moment genießen. Heute ist es nicht so heiß wie an den ersten Tagen, doch durch die Sonne leuchtet das hellgrüne Birkenlaub besonders schön. Heute begegnet mir keine Menschenseele.

Lustgården Naturreservat
Ausblick über weite Wälder
Mein letzter Zeltplatz

Tag 5: Ein kurzer Abschluss

Nur noch etwa 10 Kilometer stehen heute auf dem Programm, bis ich mich am vereinbarten Punkt abholen lasse. Ein alter Fäbod ist unser Treffpunkt: eine Art alter Hof, der heute ein beliebtes Ausflugsziel im Sommer ist.

Mein Fazit zum Solanderleden

Ich wollte Urlaub, raus in die Natur, weit wandern und wild zelten: Genau das hat mir der Solanderleden erfüllt. Etwas detaillierter habe ich den Weg wie folgt erlebt:

Was mir gefallen hat:

  • Die Wegführung versucht, bestehende Wanderwege, Aussichtspunkte und Naturreservate einzubinden und im Gegensatz dazu Ortschaften und Asphaltstraßen zu vermeiden – was insgesamt gut gelungen ist.
  • Die Markierung ist (fast) überall sehr gut, trotzdem empfehle ich eine App, um den aktuellen Standort prüfen zu können.
  • Feuchte Stellen sind fast immer mit gut erhaltenen Bohlenwegen versehen.
  • Es ist einsam! Hätte ich nicht erwartet! Lag es an der Jahreszeit? An den Wochentagen abseits des Wochenendes? Ich habe jedenfalls kaum jemanden getroffen – so wie ich es mag.
  • Die Jahreszeit: Ende Mai hat sich für dieses Jahr als perfekt erwiesen. Die Nächte nicht zu kalt, warm tagsüber und (besonders wichtig!) noch keine Mücken. Dafür nehme ich gern in Kauf, dass manche Wiesen noch nicht idyllisch grün leuchten.

Was ich nicht so mochte:

  • Jammern auf hohem Niveau: Ich mag keinen Asphalt. Und selbst wenn die Abschnitte nur sehr kurz waren, haben sie meinen mit Blasen versehenen Füßen echt zu schaffen gemacht.
  • Nochmal Jammern auf hohem Niveau: Ich gehe ungern lange geradeaus. Es gibt ein paar Abschnitte mit Forststraßen, die nicht gerade … spannend sind 😉
  • Kalhygge: Die Forstwirtschaft ist während des gesamten Weges unübersehbar. Immer wieder führt der Weg entlang oder direkt über abgeholzte Abschnitte – wenig hübsch und schwierig zu gehen.
  • An zwei Stellen führte der Weg quer über frisch gepflügt und ausgesäte Felder. Es fühlte sich nicht gut an, da einfach so drüber zu stapfen.

Zu beachten:

  • Der Weg führt durch landwirtschaftlich genutztes Gebiet. Immer wieder war ich unsicher, ob das Wasser trinkbar ist. Ich hatte einen einfachen Wasserfilter dabei und habe versucht, immer schnell fließendes und klares Wasser zu erwischen. Ob im Hochsommer noch immer die Bäche so viel Wasser führen? Keine Ahnung. Wer auf „offizielles“ Wasser angewiesen ist, muss seine Etappen genau planen und einige Liter im Rucksack transportieren.
  • Der Solanderleden ist kein Weg, auf dem alle paar Kilometer eine Einkaufsmöglichkeit oder ein Café wartet. Im Sommer gibt es an einigen Stellen Sommercafés, doch auch dort sind die Öffnungszeiten oft eingeschränkt. Vorausplanung ist gefragt!

Würde ich den Solanderleden wieder wandern? Wahrscheinlich schon: Er ist für mich einfach unglaublich praktisch. Wo kann ich so nah am Zuhause und abseits von den Bergen sonst schon ferwnandern? Der Weg ist sicher nicht übermäßig spektakulär, bietet jedoch überraschend viel Einsamkeit und jede Menge Wald – wo ich mich erfahrungsgemäß am wohlsten fühle 🙂

Alle Informationen und eine Menge Kartenmaterial gibt es auf der offiziellen Website.

Autor

Ich bin Andrea – eine Frostbeule, die nach Nordschweden an den Polarkreis ausgewandert ist. Ich liebe Aktivitäten in der Natur, Entschleunigung und jeden Moment in dieser einmaligen Region. Good bye, Standard-Büroleben – hallo Mitternachtssonne und Nordlichter!

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